Unsere Haushaltsrede in der Stadtverordnetenversammlung vom 23.03.2023

Der Haushalt ist aufgestellt und hierfür möchten wir an dieser Stelle der Finanzabteilung herzlich danken. Haben nicht zuletzt unsere Änderungsvorschläge dazu geführt, dass gerade in der mittelfristigen Finanzplanung neu gedacht werden musste.
Im investiven Bereich sind viele Neubauten und weitere Projekte im Bereich der Kinderbetreuung im Haushalt vorgesehen und wir hoffen, dass endlich die notwendige Umsetzung gelingt. Dass wir hier mit Verzögerungen zu kämpfen haben, zeigt, wie eingeschränkt wir kommunalpolitisch Handelnden sind u.a. durch Umweltschutzauflagen, die zu Recht schon in der Phase der Bauleitplanung greifen und die uns deutlich zeigen, dass die Grenzen des Wachstums erreicht sind, und wir auch kommunalpolitisch Arten- und Flächenschutz immer mitdenken müssen.

Die Vorhaben im Bereich der Kinderbetreuung sind im Einzelnen:
Neubau KiTa Sonnenschein (Kirchstraße) 5,5 Mio. €
Neubau KiTa Magdeburger Straße 5,5 Mio. €
Neubau KiTa Hausen-Ost-Süd 5,5 Mio. €
Umbau Garbenteich 2,7 Mio. €
Sonstige Baumaßnahmen im Bereich KiTas 581 TEUR
Im Saldo: fast 20 Mio. Euro !

Aber auch im Bereich der Jugendarbeit soll es vorangehen. Auch hier sind Investitionen in Millionenhöhe für ein Jugendzentrum geplant.

Bei diesen sehr umfangreichen Investitionen ist es sinnvoll und richtig Sperrvermerke zu setzen und die kleinschrittige Information dieses Gremiums über die Planungen einzufordern.

Neben den Investitionen in Beton investieren wir in diesem Jahr auch wieder in das Sozialgefüge unserer Stadt und in das, was innerhalb des Betons geschehen soll. In diesem Jahr werden die Stellen der Kindheitspädagogin und der aufsuchenden Jugendarbeit, die wir im letzten Jahr beschlossen haben, voraussichtlich besetzt. Wir sind überzeugt, dass sowohl die baulichen wie die personellen Investitionen für die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt sich längerfristig bezahlt machen und überfällig sind: Sie sind ein Standortfaktor, der die jungen Leute eher veranlasst, in Pohlheim zu bleiben und hier ihre Familie zu gründen. Der demographische Wandel macht Handeln an dieser Stelle unerlässlich. Wertschätzung den jüngeren Pohlheimer und Pohlheimerinnen gegenüber ist unerlässlich, wir dürfen keinen von ihnen zurücklassen. Wertschätzung ist auch gegenüber den Mitarbeiterinnen des Kinder- und Jugendbüros notwendig, denen wir mit einem gut ausgestatteten JUZ endlich Möglichkeiten bieten, ihre gute und sinnvolle pädagogische Arbeit ausbauen und weiter professionalisieren zu können.

Weiterhin haben wir Mittel für Minijobs in den Kitas in den Haushalt eingestellt, damit unser pädagogisches Fachpersonal von Bürokratie und Haushaltsätigkeiten – je nach dem, was in den Kitas sinnvoller ist – entlastet wird und die dadurch gewonnene Zeit den Kindern zu Gute kommt. Damit machen wir den Standort Pohlheim für pädagogisches Personal attraktiver und wir setzen unseren Fokus auf die Kinder.

In der Gesamtschau können wir sagen: Bei der Kinderbetreuung und der Jugendarbeit tut sich in Pohlheim was. Wir wollen aber nicht verhehlen, dass es zäh ist und nicht den ursprünglichen Schätzungen zum nötigen Zeitbedarf entspricht.

Außerdem nehmen wir Geld in die Hand für Treffpunkte in den Stadtteilen: die Sportanlage an der Neumühle, Gestaltung des Tiergartens in Garbenteich und Herrichten einer Multifunktionssportstätte in Holzheim. Wir wollen Kontakt unter den Menschen, auch generationenübergreifend ermöglichen und fördern und ein Gegenpol finden zur Tendenz zur Vereinsamung. Dieses Thema wird uns in den nächsten Jahren weiter begleiten.

Einen weiteren Schwerpunkt haben wir in diesem Haushalt auf das wichtige Thema „Klimaschutz“ gelegt.

Unsere in 2022 eingeführte finanzielle Förderung von Balkonkraftwerken, PV-Anlagen auf dem Dach und Stromspeichern wurde von den Pohlheimerinnen und Pohlheimern so gut angenommen, dass sie unterjährig schon aufgestockt werden musste (und zum Glück auch konnte). Auch in diesem Jahr werden unsere Bürger:innen bei ihren Investitonen finanziell unterstützt. Gleichzeitig macht die Stadt Anstrengungen, um die öffentlichen Dächer der Stadt Pohlheim in diesem Jahr auch mit Photovoltaik zu belegen. Auch die Beplanung geeigneter Standorte für Flächensolar wird von uns unterstützt und soll vorankommen.

Neben der Erzeugung erneuerbarer Energien ist auch die Verringerung des Motorisierten Individualverkehres (MIV) ein zentrales Anliegen zum Schutze des Klimas. Nicht nur die Weiterführung des Pohlheimer Rundverkehres, der nach unserem Dafürhalten kostenlos bleiben soll, ist ein positives Zeichen, auch der Anschub eines möglichen Carsharingprojektes kann zur Verminderung des MIV führen.

Last but not Least haben wir Gelder bereitgestellt für das kommende Deutschlandticket als Job-Ticket, das neben dem Aspekt der Mitarbeitergewinnung und -bindung auch dazu führen kann, dass mehr Fahrten mit dem ÖPNV getätigt werden und wir planen weitere Schritte zur Verbesserung des Nahverkehrs. Außerdem wollen wir in der Ausweisung innerörtlicher Fahrradstraßen vorankommen, um Radfahren innerörtlich attraktiver zu machen – das kostet übrigens wenig Geld und entlastet die Durchgangsstrassen.

Auch der Bereich Bauen wird angemessen berücksichtigt. Hier gilt es besonders sensibel abzuwägen, stehen doch die Interessen des Arten- und Flächenschutzes, der Landwirtschaft und damit unserer Nahrungsmittelsicherheit, der Grundwasserneubildung und vieles mehr (z.B. der Hochwasserschutz) einer Versiegelung immer weiterer Flächen entgegen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen machen die Umsetzung von neuen Baugebieten immer schwerer. Es gelingt zunehmend weniger, den geforderten angemessenen Ausgleich für Natur-und Artenschutz für Baumassnahmen zu finden und diese Realität zeigt uns, wie mehrfachbeansprucht und in Wirklichkeit begrenzt offene Böden in Pohlheim mittlerweile sind, die auch eine Schutzwirkung vor der Erderwärmung haben, ohne dass dies Geld kostet.

In allen Maßnahmen, die wir für Klima- und Artenschutz ergreifen, sind wir zu zögerlich. Wir müssen Windräder bauen, Häuser dämmen, alte Heizungen sukzessive ersetzen, unsere Mobilität neu denken und unseren Lebensstil anpassen, wenn wir die Zumutungen, die auf unsere Kinder und Enkel zukommen, noch halbwegs abbremsen wollen. Da wünschen wir uns mehr entschlossenes gemeinsames Handeln, um unser Ziel der CO2-Neutralität bis 2035 zu erreichen.

Uns ist es sehr wichtig, dass Soziales und Klimaschutz grundsätzlich zusammen gedacht werden: Durch unsere Intervention konnte der ökologische Wert des Geländes am Hallenbad in Watzenvorn-Steinberg auch von der Kreisverwaltung erkannt werden und ein anderes, von uns vorgeschlagenes, weniger naturschutzrelevantes Gelände kann jetzt für eine Gemeinschaftsunterkunft bebaut werden.

Nicht nur der CO2-Ausstoß und das Artensterben grenzen unsere Handlungsoptionen ein, auch der schlichte Verbrauch an diversen Materialien. Darum haben wir die Überlegung eingebracht, eine Bibliothek der Dinge in Pohlheim zu konzipieren, damit nicht so vieles ungenutzt in heimischen Kellern lagert. Wir denken dabei an eine Kooperation mit einem großen Sozialträger in unserer Stadt. Vielleicht kann sich unsere Idee zu einem tollen inklusiven Projekt entwickeln, von dem wir alle profitieren und das uns zusammenbringt.