Kindertagesstätte Kirchstraße reloaded

Zum Neubau der Kindertagesstätte Kirchstraße, dessen Kosten und der Idee mitten im Zentrum des verkehrlich überlasteten Stadtteils Watzenborn-Steinberg direkt neben der Verwaltung eine Einrichtung für bis zu 200 Kinder zu errichten. Darstellung des Grünen Standpunktes

Seit etwa 2017 forderte die SPD regelmäßig -mit den Stimmen der Grünen und der FDP- die Vorlage eines Konzeptes zur Planung und Entwicklung von Kindertagesstätten. Immer wieder wurde dabei die Einbeziehung des Bedarfs in Steinberg und die bedarfsgerechte Planung einer Kindertagesstätte im Wohnbereich jenseits der Verkehrsachse Gießener Straße gefordert. In verschiedensten Auskünften des Bürgermeisters Schöffmann wurde den Stadtverordneten mitgeteilt, dass die Stadt in diesem Bereich nicht über passende Flächen verfüge oder passende Flächen (z.B. Oberheimgelände) nur zu horrenden Beträgen von Privat erworben werden könnten.

Im Juni 2019 legte dann die Bauverwaltung eine Beurteilung der Kindertagesstätte in der Kirchstraße vor. Diese enthielt sehr ausführlich die möglichen Kosten einer Sanierung im Bestand bei laufendem Betrieb. Eindeutiges Ergebnis war, dass eine Erweiterung zur Erfüllung geänderter Anforderungen an die Betreuung zwar möglich sei, aber ohne Schaffung eines einzigen weiteren Betreuungsplatzes mit über 3 Millionen Euro ein teurer Spaß sei. Dahingegen wäre das Gelände groß genug, um unter Beibehaltung der Kindertagesstätte eine Kindertagesstätten-Neubau zu errichten, der anstelle von bisher vier Gruppen für acht geplant werden könne.

Als grobe Kostenschätzung standen 800.000 € je Gruppe also zusammen rund 6,4 Millionen im Raum. Dazu kommen noch rund 400.000 € für den notwendigen Erwerb der Ludwigstraße 37, die für die verkehrliche Gestaltung zwingend erworben werden musste. So ergibt sich die derzeit immer wieder genannte Summe von 6,8 Millionen. Dieser Summe wurden Zuschüsse von 2,4 Millionen bei Antragstellung bis 30.09.2019 gegenübergestellt.

Eine achtgruppige Kindertagesstätte Sonnenschein für per Saldo rund 4,4 Millionen stand zur Entscheidung an. Aufgrund der vom damaligen Bürgermeister Schöffmann immer wiederholten Aussage zu unüberwindbaren Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Platz für ein kleinere Kindertagesstätte im Wohngebiet von Steinberg und wegen des absehbar großen Mangels an Betreuungsplätzen hat die Grüne Fraktion damals den Beschluss zur Entwicklung der großen Kita mitgetragen. Die entsprechenden Finanzmittel wurden auch mit unseren Stimmen in den Haushalt 2019 und als Kostenverpflichtung für die Folgehaushalte eingestellt.

Von Ende 2019 bis Ende Juni 2020 wurde dann für den Bau der Kindertagesstätte Kirchstraße ein Architektenwettbewerb veranstaltet. Die dort genannten Grobkostenschätzungen reichten vom günstigsten Angebot bis zu rund dessen doppelter Summe. Sie lagen aber allesamt unter 6 Millionen. Auch zu diesem Zeitpunkt war damit die Grundlage des ursprünglichen Beschlusses nicht in Frage gestellt.

Über den Zuschlag an einen der Architekten für rund 10,8 Millionen durch Bürgermeister Schöffmann wurde die Stadtverordnetenversammlung nie informiert, wie jüngst auch Malke Aydin der Fraktionsvorsitzende der CDU gegenüber der Presse einräumte. Obwohl nach Abzug der erwarteten Zuschüsse mit 8,4 Millionen fast das Doppelte der ursprünglichen Schätzung beauftragt wurde, fühlte sich der vormalige Bürgermeister Schöffmann nicht verpflichtet, das Parlament zumindest zu informieren. Zu den 10,8 Millionen des Auftrags hinzu addieren sich noch die nicht im Architektenauftrag enthaltenen Kosten für die Verkehrsführung rund um Verwaltung, Volkshalle und Kindertagesstätte. Natürlich auch die Kosten für die Niederlegung der alten Kindertagesstätte und für die anschließende Neuanlage der Volkshallenparkplätze. Somit würden voraussichtlich über 13 Millionen auf der Rechnung stehen.

Wenn jetzt die Grünen die Reißleine ziehen und die Planung stoppen und überdenken wollen, so gibt es hierfür angesichts der Summe von über 13 anstelle von 6,8 Millionen schon genug Gründe.

Hinzu kommt aber, dass der neue Bürgermeister, Andreas Ruck, nach gerade einmal vier Amtsmonaten einen Standort für eine Kita direkt am Wohngebiet Steinbergs gefunden hat. Nach den jahrelangen gebetsmühlenartigen Behauptungen seines Vorgängers, es gebe keinen solchen Standort, ist es umso bemerkenswerter, dass ein Ortsfremder in kürzester Zeit findet, wonach ein Ortskundiger jahrelang vergeblich gesucht haben will.

SPD, FDP und Grüne sind optimistisch, dass jetzt der Weg frei ist, wohnungsnahe vier- bis fünfgruppige Kindertagesstätten in Steinberg, in den Neubaugebieten zwischen Garbenteich und Hausen und an der Kirchstraße zu bauen, die dann wesentlich mehr Betreuungsplätze als bisher in der geplanten großen Kindertagesstätte Kirchstraße bieten können. Statt zusätzlich bis zu 100 Plätze, können über diesen Weg bis zu 275 Plätze zusätzlich entstehen. Dabei werden die Kosten je Kindergruppe niedriger sein als bei den bisher abzusehenden Kosten des gestoppten Baus in der Kirchstraße.

Siehe auch Eine Kita – zwei Bürgermeister und viele Meinungen